Aktuelles
Die letzten 10 Jahre unseres Tierheimes
1998 gründeten einige aktive Tierschützer das Tierheim in Verlorenwasser.
Mit viel Engagement, Liebe und Einsatzbereitschaft funktionierten sie die alten Waschräume einer ehemaligen Polizeischule in ein Tierheim um.
Die Räume wurden tiergerecht ausgestattet, Zwinger und Gehege wurden errichtet und Pflanzungen vorgenommen.
Es floss einiges an Schweiß.
Doch trotz aller Mühe stand das Tierheim 2007 vor dem finanziellen Aus. Die Spenden kamen nicht in der notwendigen Höhe zusammen und die Kommunen bezahlten kaum etwas für die Fundtierbetreuung, obwohl sie dazu verpflichtet sind.
2007 drohte das Aus
Unser Verein suchte damals ein Objekt für eine kleine Auffangstation und schaute sich überall im Land Brandenburg um. Als wir von den Problemen in Verlorenwasser hörten, sahen wir uns das schöne Gelände an. Damals lebten rund 80 Tiere im Tierheim Verlorenwasser. Eigentlich war uns das Objekt viel zu groß, aber eine Schließung wäre ein großer Verlust gewesen.
Durch den unglaublichen Zeitdruck aufgrund des fehlenden Geldes beim damaligen Betreiber übernahmen wir das Tierheim 2007. Eine Zusammenarbeit beider Vereine - wie von uns damals angedacht - ließ sich aber nicht umsetzen. Bis alles endgültig rechtlich geregelt war, dauerte es deshalb noch einige Monate. So war die offizielle Übergabe dann im Frühjar 2008. Wir könnten jetzt also unser 10-Jähriges feiern.
Als wir im September 2007 zusagten, das Tierheim zu übernehmen, wussten wir um die Probleme. Doch das ganze Ausmaß der Tragödie wurde erst nach und nach erkennbar.
Am ersten Tag nach unserer Zusage erhielten wir einen aufgeregten Anruf aus dem Tierheim, wann denn das Futter käme. Wir waren völlig erschlagen, als wir mitbekamen, dass nur noch eine Handvoll Dosen Futter im Schrank stand. Schon für den Abend desselben Tages reichte es nicht mehr für die Fütterung aller Tiere. Hals über Kopf mussten wir einkaufen fahren, ohne uns lange nach günstigen Angeboten umsehen oder gar Preisverhandlungen durchführen zu können.
Das Futter war alle
Das wenige vorhandene Futter hatten die Mitarbeiter vor unserer Übernahme hundertgrammweise abwiegen und verteilen müssen. Man kann sich denken, dass für manch scheue Katze kaum noch etwas übrig blieb und nicht jeder Hund satt wurde.
Folgende Szene ist uns noch gut in Erinnerung: Als wir einen Rundgang durch das Tierheim machten, um einen Eindruck für eine Entscheidung über eine eventuelle Übernahme zu gewinnen, stürmten die Katzen im Katzenzimmer auf uns zu, als sie die Tür hörten. Sie sprangen fast zwei Meter hoch und krallten sich in die Gitter. Wir hielten es für ihre Freude, Menschen zu begrüßen und gestreichelt zu werden. Erst Monate später wurde uns klar, dass sie entsetzlichen Hunger gelitten haben müssen und um Futter bettelten. Erst als uns irgendwann später auffiel, dass die Katzen bei unserem Erscheinen an ihren Plätzen liegen blieben, weiterschliefen und sich überhaupt nicht mehr um uns scherten, dämmerte uns so langsam, was wir da erlebt hatten. Es muss schrecklich für die damaligen Mitarbeiter und Ehrenamtler gewesen sein, unter diesen Umständen arbeiten zu müssen. Engagement, Fleiß und guter Wille sind eben nicht alles. Tierschutz muss auch immer finanziert werden.
Heute können unsere Tiere so viel essen, wie sie möchten. Na ja, wir achten natürlich darauf, dass sie nicht zu fett werden, besonders wenn einige schon übergewichtig zu uns kommen.
Viele unserer Tiere erhalten auch teures Spezialfutter, um z.B. Nierenkrankheiten zu mildern oder unzureichende Magen-Darm-Funktionen zu unterstützen.
Ein schlechter Start
Eine Tierärztin aus unserem Verein nahm ihre Arbeit auf.
Ein Schaf blutete aus der Nase. "Dett is bei dem immer so", lautete der lapidare Kommentar eines Tierpflegers.
Eine Hündin in der Ecke eines Zwingers versuchte sich aufzurichten. Doch sie schaffte es nicht. Wir erfuhren, dass sie schon länger hinten nicht mehr richtig hochkam. Sie reagierte auch sehr schmerzempfindlich. Die Untersuchung durch unsere Tierärztin ließ dann keine Hoffnung mehr zu. So bestand unsere erste "Amtshandlung" in der Einschläferung eines Tieres. Kein guter Start für uns. Auch ohne abergläubisch zu sein, empfanden wir es als schlechtes Omen.
Nach und nach erfuhren wir, dass seit Monaten kein Tierarzt mehr gekommen war, denn die Zahlungen waren erst schleppend verlaufen und blieben dann ganz aus. Selbst für ausreichende Schmerzmedikamente war kein Geld vorhanden gewesen.
Wir haben in den vergangenen Jahren nicht nur eine sehr engagierte niedergelassene Tierärztin für die regelmäßige Betreuung unserer Tiere gewinnen können, sondern uns auch ein Netzwerk mit spezialisierten Tierärzten aufgebaut: Chirurgen, ein Herzspezialist, Augenspezialisten und mehrere Tierärzte, die uns bei unseren umfangreichen Kastrationsaktionen unterstützen.
Viele aufwendige Operationen bei Knochenproblemen ließen wir durchführen. Wir haben uns immer von der Notwendigkeit und nicht von den Kosten leiten lassen. Felipa mit ihren verwachsenen Pfötchen ist sicher noch vielen in Erinnerung. Als die Rechnungen sich bei ihr auf über 5.000 Euro summierten, haben wir aufgehört mitzurechnen. Zum Glück sind das Ausnahmen. Dennoch waren es im Laufe der letzten 10 Jahre viele schwere Fälle, denen wir mit teuren Behandlungen wieder ein schönes Leben ohne Leiden verschafft haben.
Seit drei Jahren beschäftigen wir uns intensiver mit dem Thema Zahngesundheit und lassen auch umfangreiche Zahnsanierungen durchführen, denn wir haben gelernt, dass viele Hunde und Katzen mit Zahnschmerzen durch's Leben gehen, weil ihre Zahnprobleme nicht erkannt werden.
Die Basis des Tierheims: unsere Mitarbeiter
Als wir im Oktober 2007 das Tierheim übernahmen, liefen die meisten Mitarbeiter als 165,00-Euro-Kräfte. Und selbst diesen Mini-Mini-Lohn hatten sie teils monatelang nicht mehr erhalten.
Wir zahlten an Stelle des damaligen Tierheim-Betreibervereins die ausstehenden Gehälter nach. Seit unserer Übernahme stellten wir Tierpfleger dann in Festanstellung mit unbefristeten Verträgen ein.
Auch regelmäßige Weiterbildungen gehören heute zum Standard für unsere Mitarbeiter (u.a. Schulungen zum Umgang mit gefährlichen / aggressiven Hunden, Hygieneseminare, Motorsägenscheine, Fahrsicherheitstrainig ...)
Verbesserungen für die Tiere
Von Einzelzwingern hin zur Gruppenhaltung
Es stellte sich heraus, dass die wenigen damals vorhandenen Mitarbeiter nicht geschult waren, sich nicht an jeden Hund herantrauten und regelmäßige Gassigänger so gut wie nicht vorhanden waren. Es gab Hunde, die sechs Jahre und länger im Tierheim gesessen hatten und niemals aus ihrem Zwinger herausgekommen waren.
Wir stellten sofort auf Gruppenhaltung um, suchten Hundetrainer und machten Werbung für Gassigänger.
Heute erhalten wir so viel Besuch von ehrenamtlichen Gassigängern, auch mit Dogscooter für die Nordischen, die zusätzlich zu unseren Mitarbeitern mit den Hunden laufen, so dass unsere Hunde abends oft platt sind und keine Pfote mehr rühren.
Moderne Technik im Einsatz
Jeden Tag müssen alle Gehege gründlich gereinigt werden. Auch wenn wir warmes Wasser verwenden, bleiben noch zu viele Keime übrig. Deshalb muss sehr viel desinfiziert werden.
Eine unserer ersten Anschaffungen war deshalb ein großer Hochdruckreiniger - nicht ganz billig - aber ein enormer Gewinn für die Tiergesundheit. Er reinigt mit Dampf, der bis 140° heißes Wasser rausdrücken kann - ab 60° vernichtet man die Keime. So kommen wir mit wenig Desinfektionsmittel aus - sehr zum Vorteil von Mensch, Tier und Umwelt.
Unser Hauptgelände hat eine Größe von 40.000 m², insgesamt ist durch den Zukauf des Nachbargeländes unser Tierheim inzwischen über 200.000 m² groß.
Wenn die Mitarbeiter sich untereinander verständigen wollten, ging stets die Sucherei los, wo der andere steckte. Zig unnütze Wege mussten die Mitarbeiter zurücklegen, um Kollegen zu suchen. Ein schlimmes Geschreie hallte über das Gelände.
Wir statteten deshalb alle mit Sprechfunkgeräten aus - eine kleinere aber sehr effektive Maßnahme.
Regelmäßige Aufräumarbeiten und Putzaktionen
Überall auf dem Gelände befand sich Müll und in die Jahre gekommenes Baumaterial, das vor sich hin gammelte.
Etliche Aufräumaktionen und viele, viele Tonnen Müllentsorgung waren nötig.
Auch bei uns sammelt sich heutzutage immer wieder einiges an Ausrangiertem an. Doch wir bestellen (und bezahlen) regelmäßig große Container für die Entsorgung.
Ein Teich für Amphibien
Der alte und völlig verdreckte Ententeich - der nur allzu oft als Hunde-Notunterkunft herhalten musste - wurde abgerissen und an anderer Stelle ein neuer Teich mit Seerosen angelegt. Dort fühlen sich Molche, Frösche, Kröten und viele andere Wildtiere sehr wohl.
Die zusammengeschusterten Gehege für Kaninchen und Schweine sind abgerissen und die Fläche komplett neu hergerichtet.
Aus Alt mach Neu
Die Gehege waren meist aus Resten gebaut worden. Dementsprechend sah es auch aus. Im Laufe der letzten Jahre haben wir die verkrunkelten Drahtzäune durch ordentliche und stabile Gitterstabmatten ersetzt. Ein Gehege fehlt noch, dann haben wir praktisch ein komplettes Tierheim neu gebaut.
Technik erleichtert die Arbeit
Unser riesiges Gelände muss natürlich ständig gepflegt werden. Früher rackerten sich unsere Tierpfleger mit einer Schubkarre, Schaufel und einem Schneeschieber ab.
Heute können wir einen Radlader für die groben und schweren Arbeiten nutzen und auch Schnee damit schieben.
Die dadurch gewonnene Zeit kommt unseren Tiere zugute.
Waschmaschine im Dauereinsatz
Viele Spender schenkten uns ausrangierte aber funktionstüchtige Waschmaschinen. Doch sie gingen durch die vielen Decken mit Haaren einfach immer wieder zu schnell kaputt. Wir erbettelten uns eine Industriemaschine und einen Trockner mit richtig großem Fassungsvermögen und einer Super-Waschleistung - eine unglaubliche Arbeitserleichterung - und ein großer Fortschritt in Sachen Hygiene.
Vom Ofen zur Gasheizung
Unsere alten Öfen waren mit Brennrückständen so zugesetzt, dass sie nur noch qualmten. Immer wieder mussten wir sie auseinandernehmen, reinigen und wieder neu mauern. Dennoch hielt der Erfolg nie lange an. Mit Hilfe einer Stiftung konnten wir im Katzenhaus eine moderne Gasheizung einbauen - allerdings nur auf der einen Seite. Für die 2. Hälfte des Hauses reichte das Geld nicht mehr. Hierfür warten wir noch dringend auf Spender.
Verbesserungen in der Quarantänestation
Die Katzenquarantäne war in die Jahre gekommen. Das Metall war verrostet und entsprechend eine Quelle für Keimvermehrung. Wir schafften neue Boxen an, die zum einen größer sind und zum anderen besser sauber zu halten sind. Jedoch benötigen wir weitere und möglichst noch größere Boxen für unsere Tiere. Allerdings sind sie im Moment zu teuer für uns.
Nutz- und Wildtiere bei uns
Als wir übernahmen, befanden sich auch Schafe, Ziegen und Esel im Tierheim. Leider lebten sie ganzjährig nur auf dem Waldboden. Wir konnten sie vermitteln.
Inzwischen haben wir neue Ziegen und Schafe aufgenommen. Sie haben weiterhin ihr Winterquartier in dem großen Auslauf.
Zusätzlich konnten wir aber Weideflächen anlegen.
Seit zwei Jahren verfügen wir auch über leicht zu transportierende Zäune, so dass wir die Tiere schnell umsetzen können und sie so frisches Gras und Gesträuch haben. Als Wetterschutz hat unser Tierheimleiter ein großes Zelt aufgetrieben. Eigentlich ist es eine Autogarage - aber das wissen unsere Tiere ja nicht.
Gerüstet auch für Wildtiere
In der ersten Zeit hatten wir alle Hände voll zu tun, die bei uns wohnenden Hunde, Katzen, Kleinsäuger und Nutztiere zu versorgen.
Einige der von uns betreuten Wildtiere der letzten Jahre
Inzwischen sind wir gut gerüstet, auch Wildtiere aufpäppeln zu können. Etliche Igel, Eichhörnchen, Tauben und sogar einen Mauersegler konnten wir in mühsamer Handaufzucht retten und dann auswildern.
Dafür fanden wir nach langem Suchen richtig große Volieren, die vielseitig nutzbar sind und uns hervorragende Dienste leisten.
Unsere Fahrzeugflotte
Dem Tierheim gehörte ein alter Transporter Mercedes Sprinter. Ständig ging er kaputt. Ständig blieben wir auf irgendeiner Autobahn liegen mit ihm. Was wir an Reparaturen bezahlt haben ... Als er gar nicht mehr zu reparieren ging, mussten wir ihn stilllegen. Unsere Mitarbeiter fuhren alle Einsätze und Tierarztfahrten jahrelang mit ihren Privatautos - ein unhaltbarer Zustand. Den Transporter haben wir einem rumänischen Tierheim geschenkt. Sie wissen sich anders zu helfen, wenn es keine Ersatzteile mehr gibt und haben ihn wieder zum Laufen bekommen.
Wir haben uns inzwischen einen LKW und zwei Transporter ergattert - auch gebraucht und manchmal in der Werkstatt - aber eine unglaubliche Erleichterung für die vielen Einsatzfahrten zum Abholen größerer Spenden, von Baumaterial oder Fahrten in Tierkliniken mit vielen Tieren an Bord.
Präsent im Internet
2007 existierte die Internetseite www.tierheim-verlorenwasser.de bereits. Doch der Mitarbeiter, der sie gestaltet hatte, war gekündigt (schon vor unserer Zeit). Zum Abschied hatte er als "Dank" die Seite abgeschaltet und auch Unterlagen und das Passwort waren mit ihm verschwunden.
Es kostete uns etliches an Zeit und Tricks, alles wieder auf die Reihe zu bringen. Im Januar 2008 gingen wir wieder online und starteten mit gerade mal 234 Seitenzugriffen für den ganzen Monat. Wir träumten davon, diesen Wert pro Tag zu erreichen. Unsere Ehrenamtler legten sich ins Zeug. Im November 2009 knackten wir erstmals unsere Traumzahl: im Schnitt hatten wir 240 Leser pro Tag.
Wir ackerten weiter. Heute sind wir bei zweitausend Usern am Tag.
So ist es uns gelungen, Tierfreunde für das abgelegene Verlorenwasser zu interessieren. Manch Gassigeher und viele Adoptanten finden nun zu uns und unsere Schützlinge können schneller in ein neues Zuhause umziehen.
Die 10 Jahre seit unserer Übernahme sind wirklich vergangen wie im Flug.
Vieles könnten wir noch berichten über die Veränderungen bei uns. Und nur zu gut ist uns bewusst, woran es noch mangelt und was noch alles getan werden muss.
Oft sind wir an unsere Grenzen gestoßen, wussten und wissen wir mitunter nicht, wie es weitergehen soll, hadern wir mit Fehlentscheidungen, quälen uns mit Dingen, die nicht so vorangehen, wie sie sollen, sorgen wir uns um die Zukunft.
Denn - wie gesagt - Engagement und Fleiß sind das eine. Aber zu jedem Tierschutzprojekt gehört eben auch eine stabile Finanzgrundlage. Durch unsere Rücklagen, die wir vor der Übernahme von Verlorenwasser hatten, konnten wir viele Investitionen ermöglichen. Wir hoffen, in den letzten 10 Jahren ausreichend Stabilität geschaffen zu haben, um auch in Zukunft Tieren helfen zu können.
Eines war uns dabei immer wichtig: wir wollten nie nur an uns denken. So haben wir nie "Nein!" gesagt, wenn aus einer anderen Einrichtung ein Hilferuf kam. Unser Verein hat über 30 anderen Vereinen, Tierheimen und Auffangstationen geholfen, wenn diese überfüllt waren, geschlossen werden mussten oder anderweitig in Not gerieten.
Wenn Sie, liebe Tierfreundinnen und Tierfreunde, uns weiter auf unserem Weg begleiten und uns unterstützen, werden auch wir weiterhin alles dafür geben, noch vielen Tieren - gerade auch den älteren und kranken - unsere ganze Kraft zu widmen.